Anzug für Frauen und Männer: Wieso uns die neuen Modelle gefallen

Business-Mode

5 gute Gründe, wieder öfters Anzug zu tragen

Während Luxusmarken mit Stars wie Brad Pitt, Iggy Pop oder A$AP Rocky für den Zweiteiler werben, regen andere Labels mit innovativen Entwürfen für Männer und Frauen zum vermehrten Tragen von eleganten Zweiteilern an.

«Suit up!»» – macht euch chic! Angesichts der steigenden Fallzahlen mag dieses Motto zwar befremdend wirken. Doch seitdem die zeitgenössische Garderobe in den letzten Jahren durch die anhaltende Sports- und Streetwearwelle völlig «casualisiert», also heruntergefahren wurde, haben viele die Nase voll vom legeren «Bequem-Tenue». 

Plädoyer für den Anzug

Jetzt mag es erst recht gelten, Haltung zu bewahren, sich wieder schicker zu präsentieren. In einem gut geschnittenem Anzug macht Mann wie auch Frau einfach immer eine bella figura: Der Zweiteiler kaschiert, was man verstecken will, und betont eine elegante Silhouette.

Die altbekannte Devise «Kleider machen Leute» kann man zurzeit auch umformulieren zu «Kleider machen gute Laune». Wer sich «herrichtet» für den Tag, tut auch etwas für das eigene Befinden. So ein Anzug kann sich wie eine Rüstung anfühlen, mit der man durch den Tag geht. 

In den folgenden fünf Kapiteln folgen Neuigkeiten, Empfehlungen und Inspirationen rund ums Anzugtragen:

1. Die neuen Anzugsmodelle sind bequem, knitterfrei und dazu noch waschmaschinenfest

«Der klassische Anzug muss modernisiert werden», sagte Daniel Grieder (Ex-Tommy-Hilfiger-CEO und ab Juni 2021 neuer Konzernchef bei Hugo Boss) kürzlich in einem Radio-SRF-Interview. Anzüge sollten praktischer und angenehmer zum Tragen werden, meinte er im Hinblick auf seinen Posten beim Anzugsspezialisten. 

Es brauche etwa mehr technisch ausgerüstete Stoffe, die flexibler sind, weniger knittern, oder gar regenabstossend sind. Man solle einen Anzug daheim in der Waschmaschine waschen können, statt ihn in die chemische Reinigung bringen zu müssen.

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2. Neue Schnitte für Frauen

Businessmode für Frauen soll kein Abklatsch von Herrenanzügen sein – doch wie feminin und modisch darf sie sein? Immer mehr Anbieter befassen sich mit dieser Frage und bereichern mit unterschiedlichen Ansätzen den Markt für weibliche Zweiteiler.

Dass Akris gute Businessmode macht, muss man an dieser Stelle nicht mehr erläutern. Seit kurzem gibt es zwei weitere Schweizer Labels, die sich neu auf Damenanzüge spezialisieren: The Vierge und Maison Miaki.

Zudem präsentiert Boss zum 20-Jahr-Jubiläum der Damenlinie einen mit Swarovski-Steinen besetzten Anzug, und Sandro-Gründerin Evelyne Chetrite unterstreicht mit einer Reihe modischer Zweiteiler ihr Flair für Schneiderkunst.

3. Ein Farbwechsel ist angesagt: Hellbraun ist das neue Grau

Es muss nicht immer Grau, Schwarz oder Marineblau sein: Eine moderne Alternative für Männer zu den klassisch-langweiligen Anzugsfarben sind helle Brauntöne. Zurzeit findet man schöne Modelle bei Brunello CucinelliAl FeranoSuitsupply und Massimo Alba, dessen sandfarbener Cordanzug im James-Bond-Streifen «No Time to Die» in Action zu sehen sein wird und dieses Jahr (vor der Filmpremiere) für Aufsehen in der Modewelt gesorgt hat.

4. Neue Shop-Konzepte laden zum Einkaufen ein

Die Zeiten, in denen die Gattin sich um den Kleiderkauf des Mannes kümmerte, sind zum Glück längst vorbei. Junge wie auch etablierte Unternehmen sprechen mit neuen Ladenkonzepten ihre selbst- und modebewusste Klientel direkt an.

Jüngstes Beispiel ist etwa der Herren-Concept Store Les Deux Men in Zug, mit Freizeitmode und Masskonfektion sowie einem Barber, Kaffeebar, Feinkostabteilung, Masskonfektion und Kosmetikbehandlungen. 

Weitere Herrenausstatter-Neuigkeiten gibt es von Hackett, Ka/Noa, Trunk Clothiers, Suitsupply und Bruno's:

5. Stars liefern haufenweise Inspiration

Bis Daniel Grieder in einem halben Jahr als neuer Hugo-Boss-Chef startet, bündelt das süddeutsche Luxuslabel seine Kräfte neu und promotet seine Kernkompetenz – Anzüge und Businessmode –, um ein neues Publikum anzusprechen: Anlässlich des 20-Jahr-Jubiläums der Damenlinie wird die Kampagne «BOSS curated by Caro Daur» präsentiert. Diese Kollaboration mit der deutschen Influencerin zielt klar auf ein jüngeres, weibliches Modepublikum ab.

Auch andere typische Anzugmarken verfolgen derzeit eine ähnliche Strategie. Beispielsweise das italienische Pendant zu Hugo Boss, Ermenegildo Zegna: Das 110-jährige, familiengeführte Traditionsunternehmen tat sich jüngst mit dem Kult-Streetwear-Label Fear of God zusammen. Die exklusive, an wenigen Verkaufstellen erhältliche Kollektion zeigt einen erfrischenden Ansatz, das Schneider-Know-how von Zegna für eine neue Käuferschaft zu präsentieren.

Dior Men ist ein weiteres Label, das derzeit überzeugend den Spagat zwischen klassischer Herrengarderobe und einer neuen, reichen Millennials- und Gen-Z-Kundschaft schafft. Kreativchef Kim Jones wird spätestens seit seiner Mariage von Louis Vuitton mit Supreme auch beim Massenpublikum als Hohepriester des High-End-Streetwear gehandelt.

Dass Jones aber weit mehr kann als nur coole Sneakers und Kleider mit Logo-Prints zu entwerfen, wissen auch Modekenner, die sein Schaffen seit seinen Anfängen als Kreativdirektor bei Dunhill verfolgen. Mit dem «Oblique»-Jackettaus der Dior-Men-Kollektion Frühling/Sommer 2019 ist Jones etwa eine der aufregendsten schnitttechnischen Veränderungen des Sakkos gelungen.

Die neuartige Anzugsjacke, die sich in den letzten hundert Jahren (abgesehen von Silhouette und der Anzahl Jackenknöpfe) praktisch nicht verändert hat, wird bei der Oblique-Jacke seitlich mit einem Knopf geschlossen und mutet entfernt an eine Weiterentwicklung des Zweireiher-Blazers an.

Der Entwurf ist stellvertretend für Kim Jones' Vision einer globalen Millennial- und Gen-Z-Klientel, die sich um die strengen Stilregeln des vergangenen Jahrhunderts foutiert, stattdessen den klassischen Anzug nicht als heiliges Dogma, sondern vielmehr als Basis für eine weiterentwickelte Garderobe sieht. 

Nach einem kurzen Gastspiel des «rockigen» Quereinsteigers Justin O'Shea als Kreativchef im Jahre 2016 gibt sich die römische Maison Brioni wieder diskret elegant. Für Aufmerksamkeit sorgt die Marke (die zum Luxuskonzern Kering gehört) seit Sommer mit Brad Pitt als Kampagnenmodel.

Auch Gucci setzt auf Superstars, um ihre formellere Linie «Gucci Tailoring» zu promoten: Musiker der jungen Generation, die Rapper A$AP Rocky und Tyler, the Creator, treffen auf den «Godfather of Punk», den 73-jährigen Iggy Pop, und entspannen gemeinsam in in einem Haus an der amerikanischen Westküste.

Auf einen weiteren Exzentriker der älteren Garde setzt auch Saint Laurent, nämlich den 74-jährigen Kultregisseur John Waters. In seinen Filmen überschreitet der «King of Trash» gerne die Grenzen des guten Geschmacks; in Person hingegen ist er aber bekannt für seinen makellosen Dandy-Look.

Und zu guter Letzt eine andere Art von Anzugs-Inspiration: Die italienische Luxusmarke Canali stellt in der Kampagne Canali Anthology keine Stars, aber die Leute hinter dem Produkt, ins Rampenlicht: Familienmitglieder des 1934 gegründeten Unternehmens, Meisterschneider, Handwerker und Mitarbeiter sollen damit die Werte der Traditionsmarke vermitteln.


Note: originaler Artikel von https://bellevue.nzz.ch/mode-beauty/anzug-fuer-frauen-und-maenner-wieso-uns-die-neuen-modelle-gefallen-ld.1580087